Wie viele Geschlechter gibt es?
Direkt klare Antwort zu Beginn: Nicht nur zu zwei! Die Geschlechtsidentitäten sind vielfältig. Die moderne Wissenschaft spricht heute auch viel mehr von einem Geschlechtskontinuum anstelle von einzelnen Geschlechtsidentitäten. Das soll dir auf keinen Fall deine Identität nehmen, sofern du eine hast. Dein Blick soll nur für alles Weitere offenbleiben!
Geschlechterkontinuum
Die Wissenschaft hat im Namen der Gesellschaft die Aufgabe, Diskriminierung mit Forschung und Bildung entgegenzuwirken. Eben auch den Angehörigen der LGBTQIA* Community. Emanzipatorische Stimmen haben deswegen den Begriff Geschlechtskontinuum ins Leben gerufen. Anders als angenommen ist in der Biologie schon länger klar, dass es nicht nur zwei Ausprägungsformen des Geschlechts gibt. Stattdessen weiß die Biologie sehr wohl, dass sich Genitalien individuell unterschiedlich entwickeln.
Wusstest du, dass...
Biologie ist nicht gleich Fortpflanzungswissenschaft.
Ordnungen aufbrechen
Ein Geschlechterkontinuum ist deshalb wichtig, weil sie Gleichberechtigung schaffen kann. Vielfältige Geschlechtlichkeiten können nebeneinander und miteinander existieren. Woran die Gesellschaft weiterwachsen muss, ist die wertschätzende Kommunikation miteinander. Früher ging mensch davon aus, dass alle Menschen Hoden besäßen. Die einen innen, die anderen außen. Die binäre Vorstellung, dass es vor allem nur Ei und Samen gäbe, ist ein relativ neu historisches Phänomen. Heute wissen wir dank der Wissenschaft, dass es eine gemeinsame embryonale Anlage gibt. Es ist nicht etwa so, dass die DNA schon Samen oder Ei beinhalten würde. Ganz im Gegenteil: Betrachtet mensch die Genetik, verschwimmt die Grenze zwischen den Geschlechtern noch mehr. Der Embryo hat zu Anfang das Potenzial, sich in jegliche geschlechtliche Richtung zu entwickeln. Wie sich die Keimdrüsen später entwickeln, hängt von vielen Faktoren ab.

Diskriminierung in der Wissenschaft
Auch in der Biologie wurde und wird teils immer noch transfeindlich argumentiert. Hier ist eine Öffnung umso wichtiger, da die Biologie Einfluss auf Wissenschaft und Bildung hat. Der Einfluss geht somit auch auf Gesellschaftsprozesse wie auf Sprache ein. Wenn Personen interessiert nachfragen und einen Wissensbedarf haben, sollten sie eine differenzierte klare Antwort erhalten. Demnach gehört biologische geschlechtliche Vielfalt in der Gesellschaft dazu, um reflektiert und offen mit verschiedensten Geschlechtern leben zu können.
Geschlechter und Medizin
Der gesellschaftliche Wandel muss sich auch in der Medizin bemerkbar machen. Anstatt Krankheiten “typisch männlich” oder “typisch weiblich” zu nennen, sollen sie das Organsystem beschreiben. Zum Beispiel müssen auch krankheitsbezeichnende Begriffe bei intergeschlechtlichen Menschen abgeschafft werden. Wir dürfen nicht mehr von „Symptomen“, „Störungen“ oder „Fehlbildungen“ sprechen, wenn wir über die Ausbildung bestimmter Bereiche des Genitaltrakts reden. Genitaltrakt meint hier im Übrigen die inneren Geschlechtsorgane. Genitalbereich meint meistens und gerade alltagssprachlich nur den äußeren Genitalbereich. Diese Zuschreibung müssen wir loswerden. Medizinische Sprache sollte mehr Organ-fokussiert sein. Auch sollten bestimmte Krankheitsbilder nicht Geschlechtern zugeschrieben werden. Im schlimmsten Fall führt das nämlich dazu, dass potenzielle Erkrankungen zu spät erkannt werden oder nicht konkret behandelt werden.
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Carla Pohlink, die als Ärztin und Sexualtherapeutin arbeitet.
Du würdest uns gerne deine Meinung mitteilen? Wir freuen uns. Mach das gerne direkt hier!

Lisa Claus ist unsere SiClaro Hausautorin