Was intergeschlechtliche Menschen leid sind, zu hören
Intersexualität wird oft als „Diagnose“ bezeichnet. Dadurch werden betroffene Menschen stigmatisiert, da der Begriff „Diagnose“ sonst häufig im Kontext von Krankheiten genutzt wird. Ein biologisches Geschlecht ist erst mal eine Feststellung und mehr nicht. Gewiss aber keine Krankheit.
Intergeschlechtlichkeit ist divers
Intergeschlechtlichkeit drückt sich verschieden aus. Körperlich können bestimmte Merkmale vorhanden sein, die biologisch als „typisch männlich“* gesehen werden oder welche, die als „typisch weiblich“* gelten. Es können auch von beiden „Idealtypen“* Merkmale vorhanden sein. Eine einzelne Form von Intergeschlechtlichkeit gibt es nicht. Werden Menschen mit Penis und Eierstöcken, mit Uterus und Penis, mit Vulva und inneren Hoden, ohne Uterus und mit Eierstöcken geboren, ordnet die Biologie sie der Intergeschlechtlichkeit zu. Wie schön wäre es, würde die Zuweisung zu einer „Kategorie“ verschwinden. Somit würde der Schwerpunkt von unterschiedlichen Persönlichkeiten einfach auf die unterschiedliche Identität als MENSCH fallen.
Wusstest du, dass...
Eine einzelne Form von Intergeschlechtlichkeit gibt es nicht.
Identitätsfrage
Intersexualität bringt für unterschiedliche Menschen ähnlichen Problemen mit sich. Einzelheiten sind für außenstehende Menschen nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Probleme vielfältig sein können, und dafür muss Verständnis und Offenheit vorhanden sein. Beispielsweise werden intergeschlechtlichen Personen früher oder später mit der Möglichkeit konfrontiert, ernsthaft über ihr Geschlecht nachzudenken. Damit haben sie endogeschlechtlichen Menschen einiges voraus.
endo, endogeschlechtlich, auch: dyadisch:
Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind, deren Körper also in die binären Kategorien ‚männlich' oder ‚weiblich' passen.
Individualitätskomplex
In welchem Spannungsfeld sich intergeschlechtliche Menschen bewegen, ist sehr individuell. Wir sind in unserer Gesellschaft sehr auf die äußeren Geschlechtsmerkmale bzw. auf die reproduktiven Organe fixiert. Die Geschlechtsentwicklung aber ist einzigartig und die Kontrolle darüber, wer wir sein wollen, sollte jede Person selbst haben können. Gerade intergeschlechtliche Menschen sollten ihr Geschlecht nach den eigenen Vorstellungen erforschen dürfen. Das kann natürlich auch überfordernd sein. Woher weiß ich, was ich wirklich sein will? Und WANN weiß ich das?
Sprache ändern
Über Intersexualität bzw. Intergeschlechtlichkeit wird in letzter Zeit viel gesprochen. Oft neigt die Gesellschaft dazu, medizinische Ausdrücke wie "mit einer Störung der Geschlechtsentwicklung" zu nutzen. Was du selbst ganz einfach machen kannst, ist auf deine Sprache zu achten! Verbanne Wörter wie Krankheit, Symptome, Fehlbildung, fehlerhafte Entwicklung oder ähnliches. Manche Organe entwickeln sich unterschiedlich – na und?! Solange die Person gesund ist, ist doch alles gut!

Community unterstützen
Wenn sich intergeschlechtliche Menschen in Gemeinschaften mit anderem Betroffenen zusammenschließen, dann vielleicht aus dem Grund, weil sie dort viel eher einen Raum für Fürsprache und Aktivismus finden, der zu Akzeptanz und Freiheit führen kann. Das haben nämlich alle Menschen verdient. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch, dass in anderen Gesellschaftsräumen das Verständnis und die Akzeptanz noch fehlen. Wenn du etwas nicht verstehst, frag nach. Wenn du etwas nicht kennst, informier dich. Sei offen Themen gegenüber, die Menschen in deinem Umfeld betreffen. Nur wenn wir uns offen und ehrlich begegnen, verlieren Vorurteile ihre Bedeutung. Und genau da wollen wir hin. Denn: Wir sind alle gleich.
* Die binären Geschlechtsbezeichnungen sind stellenweise in diesem Text bewusst so gewählt, da in der Wissenschaft Gruppenbildungen für die Vereinfachung von großen Datenmengen helfen.
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Dr. med. Carla Pohlink, die als Ärztin und Sexualtherapeutin arbeitet.
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Lisa Claus ist unsere SiClaro Hausautorin