Selbstbefriedigung: das große Tabu der Geschichte
Machst du’s dir manchmal selbst? Fühlst du dich jetzt gerade peinlich berührt oder denkst dir, „Um Himmels Willen – das geht dich rein GAR nichts an!“? Dabei wäre es so schön, wenn wir alle mehr darüber wissen und sprechen würden! Bevor wir auf die Masturbation im Hier und Jetzt eingehen, wagen wir einen Blick in die Geschichte.
Zur Wortherkunft "Masturbieren"
[Variante 1] mas = männlich, turbare = heftig bewegen | [Variante 2] manu = Hand stuprare = schänden
Begriffserklärung: Masturbation
Onanieren, so heißt das nur mit Penis und masturbieren heißt es unabhängig vom Geschlechtsteil? Falsch. Erst einmal zu dem Wort „masturbieren“: Der lateinische Ursprung (mas = männlich, turbare = heftig bewegen) fasst in seiner Wortherkunft weder alle Geschlechter noch alle Techniken der sexuellen Selbstbefriedigung mit ein. Diese Übersetzung können wir jedoch nur als Vermutung sehen. Daneben existiert noch folgende Variante: manu = Hand und stuprare = schänden, die aus der Selbstbefriedigung direkt etwas Verbotenes macht.
Begriffserklärung: Onanieren
Der Begriff „onanieren“, der für die Selbstbefriedigung für Menschen mit Penis (selten) noch verwendet wird, hat einen negativ konnotierten historischen Ursprung: Onan ist eine biblische Gestalt des Alten Testaments. Er soll die Frau seines verstorbenen und kinderlosen Bruders heiraten und für einen Erben sorgen. Klartext: Er und seine Schwägerin sollen miteinander schlafen, ein Kind bekommen, damit dieses zum Erben des verstorbenen Bruders werden kann. Klingt schrecklich, ist es auch. Es hat aber als „Leviratsehe“ einen historischen Ursprung. Zurück zur Geschichte: Onan jedenfalls unterbricht den Geschlechtsverkehr jedes Mal, wenn er die Frau seines Bruders besucht. Mehrmals „ließ er den Samen zur Erde fallen und verderben“. Dummerweise gilt das „Verschwenden des Samens“ auch noch heute in vielen Religionen als Sünde.
Und was war früher?
Sexuelle Selbstbefriedung und Selbstwahrnehmung hängen nicht nur lose miteinander zusammen. Fangen wir an: Heute definieren Wissenschaftler*innen die Masturbation als eine eigene Spielart der Sexualität, die parallel und – das ist wichtig – gleichberechtigt zur Sexualität in Beziehungen existiert. Glücklicherweise ist das so! Früher war nämlich der Glaube verbreitet, Masturbation führe zu „Geisteskrankheiten“. Erschreckend ist, dass das noch gar nicht so lange her ist. Im 19. Jahrhundert und am Anfang des 20. Jahrhunderts gab es ärztliche Verordnungen, um Menschen von dieser „Krankheit“ zu heilen. Am schlimmsten waren die chirurgische „Behandlungen“ von „Masturbationskranken“.

Von verboten zu akzeptiert
In Deutschland bringen die 70er Jahre der Selbstbefriedigung ein gutes Image. Heutzutage wird bei uns Sexualität im Vergleich zu früher offen diskutiert und gelebt. Wenn wir nur auf die Selbstbefriedigung blicken, können wir hier bei uns in Deutschland eine positive Wendung feststellen. "Masturbation kann Schmerzen lindern" titeln nicht nur social media Blogs sondern auch Apotheken-Magazine, führende Zeitungen oder der Flyer in der Arztpraxis. Stress kann reduziert werde, Schmerzen und Krämpfe können gelindert werden, sogar Krankheiten können wir quasi durch unsere eigene Handhabung vorbeugen. Dopamin wird gebildet, Serotonin wird ausgeschüttet. Ach ja: Einschlafhilfe kann die Selbstbefriedigung auch sein.
Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihre*n Ärztin/Arzt oder Apotheker*in. Denn ein Glück habt ihr in Deutschland das Recht, offen über eure Sexualität zu reden.
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Dr. med. Carla Pohlink, die als Ärztin und Sexualtherapeutin arbeitet.

Lisa Claus ist unsere SiClaro Hausautorin