Masturbation und wie Menschen sie leben
Stimulierst du dich selbst an einem Kissen? Mit deiner Hand? Gedanklich? Mit einem Vibrator oder anderem Sexspielzeug? Uns egal, wie dein Solo-Sex ausschaut. Hauptsache es gibt ihn! Du findest das eine seltsame Aufforderung? Eigentlich nicht. Seltsam ist, wenn die Selbstbefriedigung weiterhin Tabu-belastet ist!
Hast du eine witzige Masturbationsgeschichte?
Was erscheint dir als komisch und was ist für dich normal? Sollten wir uns davon lösen?
Solo-Sex als Sexualität zweiter Klasse
Sexuelle Befriedigung soll im Bett mit dem/der Partner*in erlangt werden. Am besten beim romantische Rein-Raus ein paar Mal die Woche. Orgasmus natürlich jedes Mal vorprogrammiert. Bei beiden Beteiligten.
Und wenn nicht?
"Aber bitte. Das geht Sie nun ja jetzt wirklich nichts an, wie oft ich zum Orgasmus komme!" Wieso denn nicht? Die eigentliche Frage ist nämlich folgende: Weißt DU, wie du selbst zum Orgasmus kommst? Kannst du dich selbst befriedigen? Wenn du selbst nicht weißt, wie dein Geschlechtsteil funktioniert, wie soll es dann wer anders mit dir im Bett hinkriegen?
Den eigenen Körper kennen
Der Tipp, der über allem steht: Schau dich selbst an! Für Menschen mit Penis ist es oftmals leichter, einen Bezug zu ihrem eigenen Geschlecht und zu ihrer sexuellen Selbstwahrnehmung zu bekommen. Das liegt ganz einfach daran, dass sie viel häufiger mit ihrem Penis konfrontiert werden. Er ist da. Er ist sichtbar. Er ist anfassbar beim Pinkeln oder auch einfach mal so. Würden sich Menschen mit Vulva und Vagina auch seitdem sie klein sind beim Pinkeln zwischen die Beine langen und den "mysteriösen" Teil vom Körper anfassen und anschauen, um den es später so oft geht – alles wäre ein bisschen einfacher. Wer als Erwachsener keine oder nur geringe Erfahrung mit der sexuellen Selbstwahrnehmung gemacht hat (und das Geschlechtsteil gehört unweigerlich dazu), kann durch die Selbstbefriedigung komplexe Aktivitäten im Hirn in Gang bringen.

Viel Solo-Sex knüpft viele Nervenbahnen
Glücksgefühle bei sich selbst auszulösen, ist was ziemlich Schönes. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, das anzugehen. Die Selbstbefriedigung ist eine der einfachsten. Es geht dabei nicht zwingend darum, einen Orgasmus auszulösen. Dieser gilt eher als schöner Nebeneffekt. [SK1] Beim Erkunden des eigenen Körpers merkst du ziemlich schnell, was dir selbst am besten gefällt. Masturbation beinhaltet viel mehr als Körperkontakt mit sich selbst: Sowohl Berührungen als auch Gedanken können erregend sein. [SK2] [SK3] Ob und wie oft Menschen sich selbst anfassen kann davon abhängig sein, was wir als Kinder über den Umgang mit Sexualität gelernt haben. Wenn das Hirn im Kinderalter abspeichert "Glücksgefühl gleich schlecht", ist es schwer, im Erwachsenenalter eine positive Selbstwahrnehmung zur eigenen Sexualität zu erlangen. Andersrum gilt aber auch, je öfter die positive Empfindung der sexuellen Stimulation selbst geübt wird, desto mehr Verbindungen werden in den entsprechenden Nervenzellen ausgebildet. Auch das merkt sich das Hirn. Und diese positive Verbindung kann später zu einer viel besseren Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität führen.

Mit oder ohne Partner*in
Ob du regelmäßigen Sex zu zweit hast oder nicht: Selbstbefriedigung muss nicht als Ersatz angesehen werden. Klar, für Menschen, die sich nicht in einer Beziehung befinden und auch keine Lust (oder Zeit oder Muße) auf ständig wechselnde Bettgefährt*innen haben, kann Solo-Sex auch als Ersatz für gemeinsamen Sex gesehen werden. Nur ist Sex nicht gleich Geschlechtsverkehr. Auch in einer Beziehung kann Platz für Solo-Sex sein. In Sachen Konsens soll darauf geachtet werden, was für beide ok ist. Vielleicht wird der Solo-Sex Teil vom gemeinschaftlichen Sex. Vielleicht aber auch nicht. Beides ok. Nur merk dir – und erzähl es gerne weiter: Wenn du alleine Spaß haben kannst, kannst du zu zweit oder mit so vielen Menschen, wie du willst, weiter Spaß haben. Der erste Schritt, mit der anderen Person darüber zu reden, was du magst, ist zu wissen, was du magst!
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Dr. med. Carla Pohlink, die als Ärztin und Sexualtherapeutin arbeitet.

Lisa Claus ist unsere SiClaro Hausautorin