Der normierte Körper und Rollenklischees

Dein Körper. Kennst du ihn? Was hast du für ein Bild von ihm? Wer darf dieses Bild deiner Meinung nach mitbestimmen? Und woher kommt es? Hier für dich ein Angebot, einen neuen Blick auf deinen Körper zu generieren.

Deinen Körper wahrnehmen

Keine Sorge, wir wollen deinen Körper nicht verändern. Wir wollen mit dir zusammen nur herausfinden, wie du Körpernormen und Geschlechter wahrnimmst. Dafür stellen wir dir und deinem Körper in diesem Text ein paar Fragen. Die Fragen sind nur für dich selbst. Beantworte sie also gerne allein für dich.

Schwierig ist natürlich, dass unsere Welt sehr stark auf das Geschlecht fixiert ist. Unsere Erwartungen werden von unserer Umwelt beeinflusst. Wir haben häufig Erwartungen, wie wir selbst sein sollen und wie wir gesehen werden wollen.

Der Einfluss von außen

Woher kommt das Idealbild vom Adonis-Körper und der Top-Bikini-Figur? Ganz bestimmt hat sich dein Kopf das nicht allein ausgedacht.

Stell dir mal vor, es wäre DEIN Körper, der im Alltag überall für dich zu sehen ist: in Filmen, in der Werbung, in Nachrichten, in den Sozialen Medien, auf den Zeitschriften-Covern neben der Supermarktkasse. Und jetzt die Frage: Wie wäre das für dich?

Woher kommen Stereotypen und Erwartungen an uns selbst?

Stereotypen sind durch die Gesellschaft entwickelt.

Hast du Lust auf ein Experiment?

Wir können leider nicht für jede und jeden eine Plakatwand mit dem eigenen Körper darauf drucken. Aber eine kleine interaktive Aufgabe tut es auch:

Such dir einen Spiegel. Stell dich davor und betrachte dich. Zuerst angezogen und im zweiten Schritt ausgezogen. Schau dir deinen Körper an und betrachte dich selbst, während du dir folgende Fragen stellst:

- Hast du Angst vor deinem Körper?

- Durftest du als Kind sein, wer du sein wolltest?

- Bist du „typisch“?

- Was heißt „typisch“ für dich?

- Bist du du?

- Magst du dich?

- Wie hängen deine Genitalien mit deinem Körperbild zusammen?

- Wer bestimmt, wie du dich in deinem Körper fühlst? Du selbst?

Unterschiedliche Körper

Körper sind unterschiedlich. Sowohl von außen als auch von innen. Es gibt große Körper und kleine Körper. Es gibt Körper mit Brüsten oder ohne, mit großen Penissen, mit kleineren Penissen. Es gibt auch welche mit gar keinen Penissen, mit Klitoris und Vagina oder mit mehreren Geschlechtsmerkmalen.

Es gibt Unterschiede in den körperlichen Funktionen. Menschen, die mit X-Chromosomen und Menschen, die mit Y-Chromosomen geboren werden haben unterschiedliche Funktionen. Sagen wir, die “Hardware” der Körper unterscheidet sich. Aber auch innerhalb der gleichen biologischen Geschlechter unterscheiden sich die Körper. Nehmen wir als Beispiel Haarstruktur, Größe, eine hohe oder tiefe Stimme. All das unterscheidet sich bei jedem Menschen. Unabhängig vom Geschlecht. Wir müssen nicht verneinen, dass es Unterschiede gibt.

Die Neurowissenschaft schreibt Menschen unterschiedliche Merkmale im Gehirn zu. Diese lassen sich aber nicht wie bei Genitalien in drei biologische Gruppen, weiblich, männlich und intersexuell einteilen. Merkmale, die als “geschlechterspezifisch” bezeichnet werden, treten vielleicht häufiger bei einem oder eben seltener bei einem anderen biologischen Geschlecht auf. Aber es war ganz klar die Gesellschaft und nicht die Wissenschaft, die sich diese Unterscheidungen herausgepickt und mit ihnen Stereotype entwickelt hat.

Stereotypisierte Gesellschaft

Nur die Gesellschaft bestimmt, was eine Frau, was ein Mann*, was eine Trans-Person ist. Die Biologie bestimmt nur, welche Chromosomen wie geordnet sind. Wie du dich selbst fühlst, bleibt ganz allein dir überlassen. Stereotype kommen aus sehr alten Gesellschaftsordnungen. Häufig haben ihre Strukturen das Leben der einzelnen Menschen bestimmt.

Die Gesellschaft hat über Jahrhunderte die Vorstellungen von Geschlecht eingeengt. Männer hatten lange Zeit mehr Rechte als Frauen*. Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Vorstellungen von „richtig“ männlich oder „richtig“ weiblich* entsprachen, wurden häufig diskriminiert. Und leider ist das in Bezug auf diverse Menschen heute meistens immer noch so. Deswegen finden wir diesen Basistext an dieser Stelle umso wichtiger! Bestimmt gibt es Menschen in deinem Umfeld, deren Wissen du zum Thema Geschlechtsidentität noch erweitern kannst.

Geschlecht und Persönlichkeit

Für viele Menschen ist Geschlecht ein wichtiger Teil ihrer eigenen Persönlichkeit. Vielleicht ist das bei dir auch so. Wie der Köper und die Persönlichkeit zusammenhängen wird heute immer noch erforscht. Dass Körper und Persönlichkeit aber nicht zwingend den alten Vorstellungen entsprechen müssen, ist für manche Menschen schwer zu akzeptieren. Es sind meist nicht betroffene Menschen, die sich stur stellen: Es sei eine zu krasse Umgewöhnung, ihre Denkweise zu verändern. Wichtig ist: Es gibt verschiedene Geschlechteridentitäten! Sich daran zu gewöhnen, tut nicht weh.

Im Jetzt leben

Dein Körper gehört dir und nicht der Gesellschaft. Du darfst sein, wer du willst. Dein Körper muss nicht mit deiner Identität in Verbindung gebracht werden. Er kann es, wenn du das möchtest. Du jedoch solltest für dich bestimmen können, wie du in deinem Körper leben möchtest.

* Die Bezeichnung Mädchen, Jungen, Männer und Frauen sind in diesem Text bewusst so gewählt, um auf politische und gesellschaftliche Unterschiede aufmerksam zu machen.


Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Dr. med. Carla Pohlink, die als Ärztin und Sexualtherapeutin arbeitet.

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Lisa

Lisa Claus ist unsere SiClaro Hausautorin